Die junge Halbelfe Nihal kennt nur ein Ziel: den Tyrannen zu töten, der ihr Land, ihr Volk und ihre Familie vernichtet hat. Mit diesem Ziel vor Auge greift sie zum Schwert und wird die erste weibliche Darchenritterin der Aufgetauchten Welt. Zusammen mit dem Magier Sennar und ihrem treuen Knappen Laio, sucht sie einen Weg, den Tyrannen aufzuhalten und so ihre Welt vor der Vernichtung zu retten.
Als ich das Buch das erste Mal in die Hand genommen habe, fand ich vor allem den Aspekt einer weiblichen Hauptfigur spannend. Eine generelle Seltenheit im Fantasy-Genre. Angefangen zu lesen, habe ich aber dann doch mit gemischten Gefühlen. Wahrscheinlich, weil mir mein letztes Buch mit einer weiblichen Hauptfigur dabei durch den Kopf geisterte: Die Rebellin von Trudi Canavan. Eine unglaublich Fantasy-Klischee-lastige, vorhersehbare Geschichte mit einer dauerjammernden aber unglaublich mächtigen Magierin in der Hauptrolle, die sich zu allem Überfluss noch à la Stockholmsyndrom in ihren Kerkermeister verliebt und den sexy Jungmagier rechts liegen lässt. Das Buch würde ich nie empfehlen, erst recht keinem männlichen Leser. Liebe Muse der Literatur und Kunst, lass dieses Buch anders sein…
Diese Zeilen habe ich ungefähr zu der Zeit geschrieben als Die Drachenkämpferin von Licia Troisi frisch vom Buchhandel vor mir lag. Heute muss ich sagen: Mit tut es weh diesem Buch den Tag ‚Schlechtes Buch‘ zu verpassen. Denn es fängt wirklich unterhaltsam an, klischeehaft, aber kurzweilig. Da haben wir die Halbelfe Nihal, die letzte Überlebende ihres Volkes – ich glaube das rangiert auf Platz 1 der schlimmsten Fantasy-Klischees –, die aufgrund eines angeborenen Talents eine Meisterin der Schwertkunst ist – hier kommt dickes Fantasy-Klischee Nummer 2. Klischees sind nicht schlimm, wenn die Geschichte trotzdem Spaß macht und nicht zu vorhersehbar wird. Es muss ja nicht immer anspruchsvolle High-Fantasy sein. Aber was so kurzweilig beginnt artet darin aus, dass die Hauptperson Nihal die gesamten ersten beiden Bücher mit ihren inneren Dämonen kämpft. Und das meine ich wörtlich, sie hört Stimmen. Ich mag zerissene Charaktere, aber dass geht dann doch zu weit. Begleitet wird ihr innerer Kampf gegen Hass und Mordlust durch den gnomischen Schwertmeister Ido, der weder so witzig wie Yoda noch so würdevoll wie Obi Wan ist, es aber tüchtig versucht. Außerdem sitzt ihre große Liebe ihr quasi die ganze Zeit direkt vor der Nase, aber die sieht sie natürlich nicht. Ich glaube, das wird das nächste Frauen-als-Hauptcharakter-Klischee: Verliebt sich in den falschen Typen und sieht die wahre Liebe nicht. Manchmal fürchte ich um meine Geschlechtsgenossinnen. Ist das im wahren Leben auch so?
Weiter geht es mit einem Sprachstil der zwischen oberflächlich und theatralisch schwankt. Auch wenn die Drachenkämpferin-Trilogie eher für ein jüngeres Publikum geschrieben ist, entschuldigt das nicht die oft zu flapsige Wortwahl und die totale Undifferenziertheit der Sprache, die vor allem bei den verschiedenen Charakteren deutlich wird. Die reden alle gleich – egal ob Gnom oder Mensch, Elementargeist oder hoher Magier. Die Möglichkeit die verschiedenen Persönlichkeiten der Charakteren durch ihre eigene Sprache und Wortwahl deutlicher zu machen, wird hier total links liegen gelassen. Ein absolutes Gegenbeispiel ist beispielsweise Joe Abercrombie, der es schafft die Persönlichkeit jedes Charakters nicht nur durch sein Handeln, sondern auch durch seine Sprache deutlich zu machen. Aber das ist eben eine ganz andere Liga. Die Sprachmängel könnten natürlich an der Übersetzung liegen. Am Ergebnis ändert es jedoch nichts, ob es die Autorin oder der Übersetzer verbrochen hat.
Fazit: Weibliche Charaktere haben es bei mir schwer – gebe ich gerne zu. Wenn ich mich nicht mit ihnen identifizieren kann, haben sie ziemlich schnell verloren. Durch dieses Buch musste ich mich wirklich kämpfen. Wer ein gutes Buch mit einer weiblichen Hauptfigur lesen möchte, dem empfehle ich Dreizehn von Wolfgang und Heike Hohlbein.
Autor: Licia Troisi
Titel: Die Drachenkämpferin – Die komplette Trilogie
Originaltitel: Cronache del Mondo Emerso
Ausgabe: 1. Auflage, 2009
Verlag: Wilhelm Heyne Verlag, München
ISBN: 978-3-570-30654-3